Eine Art von Luxus

HINTERHOFROMANTIK

Das Geschrei und Geblöke der Kinder, die von überforderten Eltern
nicht zu bändigen sind, das Gezeter der paar Alten, die verbittert
bei geöffnetem Fenster hinter vorgezogenen Gardinen verzweifeln,
die angestrengten Versuche eines Alkoholikerpaares,
bei 30 Grad im Schatten einen Beischlaf zu vollziehen,
das Klirren leerer Flaschen in einem Glascontainer,
das heisere, aggressive Türkisch des Mannes von gegenüber,
der versucht, seiner Männerrolle gerecht zu werden,
das nächtliche Brüllen und besoffene Krakeelen der Jungen,
denen jede Kompromissbereitschaft fehlt,
die aber Rücksicht auf ihre Jugend fordern,
der Streit um den letzten Fahrradstellplatz, die ignorierte Mülltrennung,
Rückstände halb verwester Lebensmittelreste, Ratten einladend.
Der Geruch von zwanzig Küchen, Hunden, Katzen, Vögeln, Mäusen.
Reinigungsmittel, deren Kampf gegen Bakterien chancenlos bleibt.
Mittendrin die Menschen auf engstem Raum,
neben-, nicht miteinander.
Der Hinterhof ein Bildschirm mit Geruchsfernsehen.
Romantik gab es wohl in einer anderen Zeit.

zurück

ABLAUF

Der sandige Rand der Spur ist verwischt.
Vom Sturm am Morgen, dessen Wucht
die Fährte des Wanderers unsichtbar gemacht hat.
Ein Streifen Silberpapier hat sich im Geäst
eines sterbenden Ginsterbuschs verfangen,
flattert in der zahmen Brise,
die der Sturm noch übrig gelassen hat,
zwischen Sträucherenden hin und her.
Trübes Licht auf fleckigen Bahngleisen,
verloren in einer Brache, als hätte sie jemand nur abgelegt,
um sie auf dem Rückweg wieder mitzunehmen.
Das leise Schlagen der offenen Tür vom Holzschuppen dort drüben,
aus einer Vergangenheit, deren Geheimnisse verloren sind.
Darüber dunkle Vögel im Flug,
heisere Schreie von vergehenden Kreaturen,
hier im Nichts zwischen drohendem Himmel und verbrannter Erde.
Der Nebel schmeckt nach bitterer Ewigkeit,
der Tag geht in die Nacht und die Nacht
kämpft sich zurück in einen Tag
mit neuen Schatten und einer bringt die letzte Stunde.

zurück